Ein Schwerpunkt des Fraunhofer-Zentrums HTL ist die Optimierung von Wärmeprozessen zur Herstellung von Keramiken, Metallen und metall-keramischen Verbundwerkstoffen. In Frage kommende Prozesse sind Trocknung, Entbinderung, Pyrolyse, Sinterung, Schmelzinfiltration, aber auch verschiedene Verfahren aus dem Bereich der Schmelzmetallurgie. Verbesserungspotentiale bestehen häufig bei den Temperatur-Zeit-Profilen, der Ofenatmosphäre oder der Anordnung des Wärmebehandlungsguts im Industrieofen. Optimierungsziele sind eine hohe und reproduzierbare Produktqualität bei guter Material-, Energie- und Kosteneffizienz der Prozesse (vgl. Projekt EnerTHERM). Dabei werden sowohl die Ofenperspektive als auch die Perspektive des Erwärmungsguts gleichermaßen berücksichtigt.
In-situ-Hochtemperatur-Messtechnik
Das Fraunhofer-Zentrum HTL entwickelt ThermoOptische Messöfen (TOM), in denen der industrielle Wärmeprozess im Labor nachgestellt wird. An 13 unterschiedlichen TOM-Anlagen können alle in Industrieöfen relevanten Ofenatmosphären nachgebildet werden: Gasbrennerofenatmosphäre, Luft, Inertgase, Formiergas, Wasserstoff, Vakuum, Überdruck, etc. Die Anlagen sind mit zahlreichen Detektoren ausgestattet, mit denen die Materialveränderungen während der Wärmebehandlung mit hoher Genauigkeit erfasst werden können. Zusätzlich kann eine thermophysikalische Charakterisierung von Werkstoffen durchgeführt werden. Einige TOM-Anlagen sind speziell auf vergleichsweise niedrigere Temperaturen ausgelegt, um für die Prozesse Entbindern/Pyrolyse (Publikation: Radical Time Reduction of Debinding Processes) und Trocknung die industriellen Bedingungen möglichst genau nachzubilden, während für die Sinterung (Publikation: Simulation of Sintering) und Schmelzinfiltration (Publikation: Fundamental Mechanisms With Reactive Infiltration) Hochtemperatur-Messöfen zur Verfügung stehen. In-situ-Messgrößen sind u.a. Wärmeausdehnung, Sinterschwindung, Verzug, Temperatur-/Wärmeleitfähigkeit, Emissivität, Wärmekapazität, Reaktionswärme, Gewichtsänderung, Gasemission, Schallemission, Benetzung, Kriechraten, Viskosität und Temperaturwechselbeständigkeit. Im Unterschied zu herkömmlichen Verfahren zur thermischen Analyse erfassen die TOM-Anlagen in der Regel ein Messvolumen von ca. 10 bis 100 cm³. Sie können damit auch Eigenschaften von kleinen Bauteilen, Materialverbunden oder heterogenen Materialien während der Wärmebehandlung reproduzierbar messen.
Simulation von Wärmeprozessen
Für die gezielte Prozessoptimierung werden die Messdaten parametrisiert. Insbesondere wird die Kinetik der thermisch aktivierten Reaktionen mit robusten Modellen abgebildet und dann in FE-Simulationen zur Optimierung der Wärmeprozesse am Computer verwendet. In den FE-Modellen wird auch die Wechselwirkung zwischen dem Industrieofen und dem Brennstapel berücksichtigt, sodass die Laborergebnisse anschließend auf den Produktionsmaßstab übertragen werden können. Für Produktionsöfen bietet das HTL Methoden zur Untersuchung von Temperaturverteilung, Ofenatmosphäre und Wärmebilanz an (vgl. Industrieofenanalyse). Auch diese Messdaten können in FE-Modellen abgebildet und zur Optimierung des Wärmeprozesses hinsichtlich Produktqualität und Energieeffizienz genutzt werden.