Die lokalen Materialveränderungen im Bauteil, die während der Wärmebehandlung ablaufen, werden durch ein Kinetik-Modell beschrieben. Dieses baut auf In-situ-Messdaten auf, die in speziellen Messöfen gewonnen werden. Am HTL hat sich die sogenannte Kinetic-Field-Methode als besonders geeignet erwiesen, um robuste Vorhersagen aus den Messdaten abzuleiten. Als In-situ-Messgröße wird diejenige Materialeigenschaft ausgewählt, die die fragliche Materialveränderung mit der höchsten Auflösung erfassen kann. Bei Gasphasenreaktionen ist dies häufig die Gewichtsänderung einer Probe, bei Sinterprozessen die Dimensionsänderung. Die Datenbasis wird durch einfache Temperatur-Zeit-Zyklen, z.B. mit unterschiedlichen konstanten Aufheizraten, geschaffen. Messunsicherheiten werden aus dem Rauschen der In-Situ-Messdaten extrahiert. Dann werden so genannte Isolinien ermittelt, die alle Punkte zum gleichen Reaktionsgrad nach einfachen - meist linearen Modellen - verbinden. Der Vertrauensbereich der Parameter zur Beschreibung der Isolinien wird aus der Messunsicherheit der Primärdaten bestimmt. Die Validierung der Kinetik-Modelle erfolgt durch den Vergleich von Experiment und Simulation in zufällig erstellten Temperatur-Zeit-Zyklen. Das Scale-up der Wärmebehandlung auf Bauteilgröße wird mit Finite Elemente -Simulationen durchgeführt. Es erfordert weitere Materialeigenschaften, die von der Temperatur und dem Reaktionsgrad abhängen und mit Messunsicherheiten behaftet sind. Auch hier können bei Bedarf Prognoseunsicherheiten durch Sensitivitätsanalysen ermittelt werden. Die Validierung der Simulationsrechnungen erfolgt an den ThermoOptischen Messöfen (TOM) des HTL, indem dort In-situ-Messungen an großen Proben durchgeführt und mit den Prognosen aus der Simulation verglichen werden.