Innovation Coffee von Bayern Innovativ, Cluster "Material & Produktion" / 28. Mai 2025, 14:00 - 15:00 Uhr
Zerstörungsfreie Analyse der Bruchfestigkeit keramischer Werkstoffe
Der Animationsfilm Ice Age liefert in der Eröffnungsszene ein extremes Beispiel für den sogenannten Sprödbruch: der Versuch des Säbelzahn-Eichhörnchens, eine Eichel zu vergraben, löst einen sich immer weiter ausbreitenden Riss aus, der am Ende den ganzen Eisberg spaltet. In der dramatisch überzeichneten Filmszene steckt aber ein Körnchen Wahrheit, nämlich die grundlegende Eigenschaften dieser spröden Werkstoffe wie Glas oder Keramik. Ein Bruch wird fast immer an kleinen, bei der Herstellung kaum vermeidbaren „Defekten“ (Poren, Risse, Einschlüsse,…) ausgelöst.
Für technische Komponenten kann dieses Problem dramatische Folgen haben. Wenn zum Beispiel ein keramischer Spiegelhalter in einem Satelliten schon durch die Belastungen beim Raketenstart bricht, weil sich an einer kritischen Stelle ein solcher Defekt befand, bedeutet das einen Verlust in erheblicher Millionenhöhe. Bislang müssen zur Abhilfe aufwändige mechanische Prüfungen (Proof Tests) an jedem einzelnen Bauteil durchgeführt werden, um fehlerträchtige Komponenten schon vor dem Einsatz zu entdecken.
Das Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL hat in den letzten Jahren günstigere Alternativen dazu entwickelt. Grundlage ist jeweils ein bildgebendes Verfahren wie Computertomografie (für Volumendefekte) oder Laser Scanning-Mikroskopie (für Oberflächendefekte). Die relevanten Inhomogenitäten/Fehler werden automatisch, teils mit entsprechend trainierten KI-Algorithmen, extrahiert und mit Hilfe von FE-Simulationen wird deren individueller Einfluss aufs Bruchverhalten bewertet. Die damit mögliche Klassifizierung von Defekten im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Bruchfestigkeit eines Materials kann für die zielgerichtete Materialentwicklung im Bereich spröder Werkstoffe wie Keramiken aller Art eingesetzt werden. Ein anderes spannendes Anwendungsgebiet dieser zerstörungsfreien Testverfahren ist es, sie als schnellen und kostengünstigen Ersatz für Proof Tests einzusetzen. Die grundsätzliche Machbarkeit konnte in einem Projekt im Auftrag der ESA bereits gezeigt werden.
Im Vortrag wird im Überblick vorgestellt, wie die Methoden funktionieren und welche Vorteile sie in der Anwendung entweder als Alternative zu – oder in Verbindung mit – klassischen mechanischen Prüfverfahren bieten.