ThermoOptische Messverfahren (TOM)

Die Charakterisierung von keramischen und metallischen Materialien bei hohen Temperaturen gehört zu den Forschungsschwerpunkten am Fraunhofer-Zentrum HTL. Dazu stehen kommerziell verfügbare Anlagen zur thermischen Charakterisierung und Analyse ebenso zur Verfügung wie eigens entwickelte Messöfen für die Bestimmung spezieller Eigenschaften. Mit kommerziellen Anlagen zur thermischen Analyse werden z. B. Gewichtsverlust, Wärmekapazität, Reaktionswärme oder Gasemission in kontrollierter Atmosphäre gemessen (TG-DSC-MS).

Mit eigens entwickelten ThermoOptische Messöfen (TOM) kann der industrielle Wärmebehandlungsprozess im Labor nachgestellt werden. Die TOM-Anlagen können alle in Industrieöfen relevanten Ofenatmosphären nachbilden: Gasbrennerofenatmosphäre, Luft, Inertgase, Formiergas, Wasserstoff, Vakuum, Überdruck etc. Sie sind mit Detektoren ausgestattet, mit denen die Materialveränderungen während der Wärmebehandlung mit hoher Genauigkeit in situ erfasst werden. Die Dimensionsänderungen beim z. B. Sintern werden mit extrem guter Reproduzierbarkeit gemessen oder die Schallemissionssignale beim Entbindern mit empfindlichen Mikrofonen erfasst. Auch die Charakterisierung und Analyse der Hochtemperatur-Eigenschaften von Materialien kann mit den TOM-Anlagen erfolgen.

Temperaturbereich von Raumtemperatur bis über 2000°C

Die TOM-Anlagen können zur In-situ-Charakterisierung und Analyse sehr unterschiedlicher Materialeigenschaften im Temperaturbereich von Raumtemperatur bis über 2000°C eingesetzt werden:

  1. Thermische Eigenschaften
  2. Mechanische Eigenschaften
  3. Thermomechanische Eigenschaften
  4. Chemische Eigenschaften
  5. Elektrische und optische Eigenschaften

Exakte Messungen von Hochtemperatur-Eigenschaften erfordern eine genau definierte Umgebungstemperatur und eine an das Probenmaterial angepasste Atmosphäre, z.B. Inertgasatmosphäre bei oxidationsempfindlichen Proben. Außerdem muss ein für das Material repräsentatives Probevolumen erfasst werden. Bei stark heterogenen Materialien wie Grobkeramiken, Feuerfestwerkstoffen oder Verbundwerkstoffen sind hierfür einige 10 bis 100 cm³ erforderlich. Diese Anforderungen werden mit den TOM-Anlagen erfüllt.

TOM-Methoden zur Prozessoptimierung

Am Fraunhofer-Zentrum HTL stehen acht eigens für die In-situ-Messung und Optimierung von Wärmeprozessen konzipierte TOM-Anlagen zur Verfügung. Die Anlagen werden für folgende Wärmebehandlungsprozesse eingesetzt:

Darüber hinaus kann auch die Qualität der Formgebung mit den TOM-Anlagen überprüft werden. Mittels eines hochpräzisen Schattenwurfverfahrens werden Dimensionsänderungen der Proben während der Wärmebehandlung in situ erfasst. Zusätzlich können Gewichtsänderungen in situ gemessen werden. Mikrophone registrieren die Schallemission bei Rissbildungen in den Proben. Außerdem können mit speziellen Schubvorrichtungen einachsige Lasten aufgebracht und das Kriechverhalten der Probe untersucht werden.

TOM-Methoden zur Hochtemperatur-Charakterisierung

Am Fraunhofer-Zentrum HTL wurden fünf neue TOM-Anlagen entwickelt, mit denen sich Werkstoffeigenschaften in kontrollierter Atmosphäre messen lassen. Folgende Hochtemperatur-Eigenschaften werden erfasst:

  • Festigkeit / Steifigkeit / Bruchdehnung
  • Schwingfestigkeit
  • Druckerweichung / Kriechen
  • Thermoschock- / Thermozyklier-Beständigkeit
  • Dynamisches Elastizitätsmodul
  • Temperatur- / Wärmeleitfähigkeit
  • Wärmekapazität / Wärmeausdehnung
  • Benetzungsverhalten von Schmelzen
  • Emissivität integral / spektral
  • Korrosionsverhalten gegen Gase und Stäube
  • Elektrische Impedanz

Für die mechanische Charakterisierung werden Kraftmessdosen mit Maximalkräften zwischen 3 N und 5 kN eingesetzt. Die Ermüdungsversuche sind für Frequenzen bis 300 Hz ausgelegt. Thermoschock- und Thermozyklierversuche können mit definierter Lasererwärmung durchgeführt werden. Auch die Charakterisierung und Analyse der thermischen Materialeigenschaften erfolgt berührungsfrei mit einem speziell für große Proben entwickelten Laser-Flashverfahren.

Das Fraunhofer-Zentrum HTL entwickelt TOM-Anlagen auch nach Kundenbedarf. Dazu werden Messöfen mit der gewünschten Maximaltemperatur, Größe und Atmosphäre angeboten. Als Messgrößen stehen neben der optischen In-situ-Dimensionsmessung auch mechanische Kennwerte wie E-Modul, Kriechfestigkeit, Keilspaltfestigkeit oder Viskosität zur Verfügung. Außerdem werden Spezialanlagen für die Hochtemperaturmessung thermischer Eigenschaften, wie z. B. Temperaturleitfähigkeit, Wärmeausdehnung, Thermoschockfestigkeit etc. entwickelt. Der Bau der TOM-Anlagen erfolgt im zertifizierten Zentrum für Mess- und Prozesstechnik (CeDeD) des Fraunhofer ISC.

TOM-Anlagen im Überblick
  • TOM_ac für kontrollierte Atmosphären, graphitbeheizt bis 2200 °C:
        > Dimensionsänderungen, Lastversuche und Gravimetrie
  • TOM_air für Betrieb an Luft bis 1750°C:
        > Dimensionsänderungen, Lastversuche, Gravimetrie und Schallemissionsmessung
  • TOM_metal für Messungen in Wasserstoffatmosphäre oder Überdruck, graphitbeheizt bis 1800°C:
        > Dimensionsmessungen
  • TOM_gas für Messungen in Gasbrenneratmosphäre bis 1500 °C:
        > Gravimetrie
  • TOM_II für Messungen in Brenngasatmosphären bis 1500 °C:
        > Dimensionsmessungen
  • TOM_wave für Messungen thermomechanischer Eigenschaften bis 1750 °C:
        > Thermoschock, Temperaturleitfähigkeit, Emissivität etc.
  • TOM_I für Messungen der Temperaturleitfähigkeit an kleinen Proben bis 2000 °C:
        > Temperaturleitfähigkeit, Schwindung                                                                                          
  • TOM_imp für Messungen der elektrischen Impedanz an Luft bis 1000 °C                                                                   
  • TOM_mech für Messungen mechanischer Eigenschaften bis 1800 °C:
        >Festigkeit, Steifigkeit, Bruchdehnung, Ermüdung, Kriechen etc.
  • TOM_fiber für Messungen mechanischer Eigenschaften von Fasern und Minikompositen bis 1500 °C:
        > Festigkeit, Steifigkeit, Bruchdehnung, Kriechen
  • TOM_chem für Messungen der Korrosion in Partikel- und Gasströmen bis 1500 °C und 40 m/s:
        > Gravimetrie
  • TOM_dry für Messung der Gewichtsänderungen beim Trocknen in kontrollierter Atmosphäre im laminaren Gasstrom: Gravimetrie, Schwindung, Oberflächentemperatur

Leistungsangebot:

  • Thermoanalytische Charakterisierung kleiner Proben (TG-DSC-MS)
  • ThermoOptische Charakterisierung von Proben mit Volumen von 10-100 cm³ bis 2200 °C
  • Untersuchung von Reaktionen: Gewichtsverlust, Gasemission, Sinterschwindung etc.
  • Messung an Gläsern/Schmelzen: Benetzungswinkel, Viskosität
  • Entwicklung und Bau kundenspezifischer Messanlagen