Qualitätsmanagement in der Additiven Fertigung

Um die Additive Fertigung in der industriellen Produktion zu etablieren, ist die Sicherstellung der hohen und reproduzierbaren Qualität der gedruckten Bauteile essentiell. Die Qualität wird durch die Homogenität und Defektfreiheit der Gefüge sowie durch die Einhaltung enger Dimensionstoleranzen und eine geringe Oberflächenrauigkeit bestimmt. Dabei müssen die gleichen Werkstoffeigenschaften erreicht werden, wie sie mit den derzeit eingesetzten, herkömmlichen Produktionsverfahren erzielt werden (vgl. Prototypenbau).

Gefügeuntersuchungen
CT-Analyse eines 3D-gedruckten Bauteils
© Fraunhofer-Zentrum HTL
CT-Analyse eines 3D-gedruckten Bauteils hergestellt über Pulverbettverfahren: In Z-Richtung treten periodische Dichteschwankungen auf

Im Vergleich zu herkömmlichen Formgebungsverfahren weisen die gedruckten Bauteile häufiger Schwankungen in der Gründichte auf, was sich negativ auf die mechanischen Eigenschaften der fertigen Bauteile auswirkt. Die Gefüge von additiv gefertigten Bauteilen werden am HTL auf einer Skala von Submikrometern bis Millimetern untersucht. Die Homogenität der Gefüge wird durch Varianzanalysen quantitativ erfasst und bewertet (Publikation: Investigation of Sintering Mechanism). Dabei werden spezielle elektronenmikroskopische und tomografische Verfahren verwendet, die für die Charakterisierung konventionell hergestellter Grünkörper entwickelt worden waren. Anhand der Bewertung werden Maßnahmen zur Optimierung der additiven Fertigungsverfahren abgeleitet. Dies beinhaltet beispielsweise die Verbesserung der Feedstocks, die Anpassung der Druckparameter, die Optimierung der Wärmebehandlung oder auch Modifikationen der Fertigungsanlagen.

Druckprozess und Post-Processing
Entbinderungsdauer von additiv gefertigten Bauteilen
© Fraunhofer-Zentrum HTL
Verkürzung der Entbinderungsdauer von additiv gefertigten Bauteilen um mehr als 75%

Auch bei der Wärmebehandlung der gedruckten Bauteile können verschiedene Qualitätsprobleme auftreten, z.B. der Eintrag von Defekten beim Entbindern (Publikation: In Situ Investigation of Debinding) oder ein Verzug von Bauteilen beim Sintern (Publikation: Simulation of Sintering). Im letzten Fall weichen Geometrie und Dimensionen der Bauteile von den Vorgaben ab. Der Verzug kann durch verschiedene Faktoren wie Schwerkraft, Reibungskräfte oder Dichte- und Temperaturgradienten bedingt sein. Zur Optimierung der Wärmebehandlungsprozesse werden am Fraunhofer-Zentrum HTL systematische Tools eingesetzt (Publikation: Nachhaltige Wärmebehandlungsprozesse systematisch entwickeln, auf Anfrage erhältlich). Dadurch wird eine reproduzierbare und hohe Qualität der Bauteile mit geringem Ausschuss realisiert. Gleichzeitig werden die Wärmebehandlungsprozesse hinsichtlich Zeitdauer und Energie-Effizienz optimiert (Publikation: Radical Time Reduction of Debinding Processes), um Kosten einzusparen und einer Verbesserung der Umweltbilanz zu erreichen.

Charakterisierung von Struktur und Oberflächen
Einfluss der Oberflächenqualität
© Fraunhofer-Zentrum HTL
Einfluss der Oberflächenqualität auf die 4-Punkt-Biegefestigkeit von additiv gefertigten Bauteilen

Die Struktur und Qualität der Oberflächen von additiv-gefertigten Bauteilen können mit verschiedenen Methoden geprüft werden (z.B. Laserscanmikroskopie). Eine Bewertung von deren Einfluss auf die Bauteileigenschaften wird durch FE-Simulationen ermöglicht. Dadurch können schädigungsinduzierende Spannungskonzentrationen an der Bauteiloberfläche identifiziert und Maßnahmen zu deren Minimierung erarbeitet werden. Wenn notwendig, können Freiformflächen von Grünkörpern, Zwischenprodukten oder gesinterten Bauteilen über ein 5-Achsen-Bearbeitungszentrum nachbearbeitet werden.

Dimensionskontrolle von Bauteilen
Qualitätsmanagement bei der Additiven Fertigung
© Fraunhofer-Zentrum HTL
Qualitätsmanagement bei der Additiven Fertigung

Die Maßgenauigkeit der gedruckten Bauteile stellt einen weiteren wichtigen Qualitätsaspekt dar. Zum Abgleich der tatsächlichen Bauteildimensionen mit den Vorgaben des Kunden werden moderne 3D-Scanner eingesetzt. Innenliegende Strukturen werden mit Computertomografie vermessen. Wo notwendig, werden die gedruckten Bauteile nachbearbeitet, um die gewünschten Dimensionen und Oberflächenqualitäten zu erreichen. Um die Nachbearbeitung auf ein Minimum zu reduzieren, wurden FE-Simulationsmodelle entwickelt, um die Sinterschwindung der additiv-gefertigten Bauteile in allen drei Raumrichtungen präzise vorherzusagen (Publikation: Simulation of Sintering). Anhand der Vorgaben aus den Simulationsmodellen können auch komplex-geformte Grünkörper so gedruckt werden, dass die fertigen Bauteile nach der Sinterschwindung die vorgegebenen Dimensionen einhalten.

Neben den beschriebenen Maßnahmen zum Qualitätsmanagement werden verfahrensintegrierte Methoden zur Kontrolle der Bauteil- und Prozessqualität während des Druckprozesses künftig eine wichtige Rolle spielen. Das HTL entwickelt entsprechende Methoden, um die Qualität im Druckprozess in-situ zu überwachen und bei Abweichungen direkt die Verfahrensparameter anzupassen.

Leistungsangebot:

  • Verbesserung der Qualität und Verarbeitbarkeit von Feedstocks
  • Optimierung von Druckprozess und Post-Processing, z.B. Trocknung, Entbinderung und Sinterung
  • Analyse und Bewertung von Defekten in Bauteilen und Zwischenprodukten über mehrere Skalen
  • Charakterisierung und Bewertung von Struktur und Oberflächen von Bauteilen
  • Bearbeitung von Freiformflächen von Grünkörpern, Zwischenprodukten und gesinterten Bauteilen
  • Dimensionskontrolle von Bauteilen
  • FE-Simulationen zur Berücksichtigung des Sinterverzugs
  • Steigerung der Bauteilqualität und Minimierung von Ausschuss
  • Entwicklung von Verfahren zur in-situ Kontrolle der Bauteil- und Prozessqualität