


Ein essentieller Aspekt, um die Additive Fertigung in der industriellen Produktion zu etablieren, ist eine hohe und reproduzierbare Qualität der gedruckten Bauteile sicherzustellen. Die Qualität der Bauteile wird durch die Homogenität und Defektfreiheit der Gefüge sowie durch die Einhaltung enger Dimensionstoleranzen und eine geringe Oberflächenrauigkeit bestimmt. Dabei müssen die gleichen Werkstoffeigenschaften erreicht werden, wie sie mit den derzeit eingesetzten, herkömmlichen Produktionsverfahren erzielt werden.
Gefügeuntersuchungen
Im Vergleich zu herkömmlichen Formgebungsverfahren weisen die gedruckten Bauteile häufiger Schwankungen in der Gründichte auf, was sich negativ auf die mechanischen Eigenschaften der fertigen Bauteile auswirkt. Die Gefüge von additiv gefertigten Bauteilen werden am HTL auf einer Skala von Submikrometern bis Millimetern untersucht. Die Homogenität der Gefüge wird durch Varianzanalysen quantitativ erfasst und bewertet (Publikation: Investigation of Sintering Mechanism). Dabei werden spezielle elektronenmikroskopische und tomografische Verfahren verwendet, die für die Charakterisierung konventionell hergestellter Grünkörper entwickelt worden waren. Anhand der Bewertung werden Maßnahmen zur Optimierung der additiven Fertigungsverfahren abgeleitet. Dies beinhaltet beispielsweise die Verbesserung der Feedstocks, die Anpassung der Druckparameter, die Optimierung der Wärmebehandlung oder auch Modifikationen der Fertigungsanlagen.
Druckprozess und Post-Processing
Auch bei der Wärmebehandlung der gedruckten Bauteile können verschiedene Qualitätsprobleme auftreten, z.B. der Eintrag von Defekten beim Entbindern (Publikation: In Situ Investigation of Debinding) oder ein Verzug von Bauteilen beim Sintern (Publikation: Simulation of Sintering). Im letzten Fall weichen Geometrie und Dimensionen der Bauteile von den Vorgaben ab. Der Verzug kann durch verschiedene Faktoren wie Schwerkraft, Reibungskräfte oder Dichte- und Temperaturgradienten bedingt sein. Zur Optimierung der Wärmebehandlungsprozesse werden am Fraunhofer-Zentrum HTL systematische Tools eingesetzt (Publikation: Nachhaltige Wärmebehandlungsprozesse systematisch entwickeln, auf Anfrage am HTL erhältlich). Dadurch wird eine reproduzierbare und hohe Qualität der Bauteile mit geringem Ausschuss realisiert. Gleichzeitig werden die Wärmebehandlungsprozesse hinsichtlich Zeitdauer und Energie-Effizienz optimiert (Publikation: Radical Time Reduction of Debinding Processes), um Kosten einzusparen und einer Verbesserung der Umweltbilanz zu erreichen.
Charakterisierung von Struktur und Oberflächen
Die Struktur und Qualität der Oberflächen von additiv-gefertigten Bauteilen können mit verschiedenen Methoden geprüft werden. Eine Bewertung von deren Einfluss auf die Bauteileigenschaften wird durch FE-Simulationen ermöglicht. Dadurch können schädigungsinduzierende Spannungskonzentrationen an der Bauteiloberfläche identifiziert werden und Maßnahmen zu deren Minimierung erarbeitet werden. Wenn notwendig, können Freiformflächen von Grünkörpern, Zwischenprodukten oder gesinterten Bauteilen über ein 5-Achsen-Bearbeitungszentrum nachbearbeitet werden.